Feierbilder

Anna an Lianes GeburtstagFür uns Deutsche – wie verklemmt, langweilig und unnatürlich müssen wir den Syrern vorkommen! – sind Feiern hier im Orient jedes mal etwas besonderes. Nichts geht ohne Musik, es wird viel Gelacht, Gequatscht, Geklatscht, Gesungen und Getanzt – egal bei welcher Gelegenheit: Die Leute sind ausgelassen, natürlich und feiern die Feste, wie sie fallen. Ein paar Fotos vom Geburtstag meiner Freundin Liane gibts wieder unter http://picasaweb.google.de/AnnasAlben.

Wadi Al-Nadara – Landschaft & Wetter

Kurz nach meiner Ankunft habe ich Folgendes geschrieben – aber dabei irgendwie vergessen, es zu veröffentlichen. Also liefere ich euch jetzt einen kleinen Frühlingstext nach ;)  —

Krak des ChevaliersBevor ich nach Syrien aufgebrochen bin, habe ich mir erzählen lassen, dass die Gegend, in der die Uni steht, eine grüne Hügellandschaft und das Klima sehr gemäßigt ist. Ich wusste also, dass ich nicht in die Wüste fliege – aber dass ich frieren werde und die Landschaft mehr an die Eifel als an den Orient erinnert, das hatte ich doch nicht gedacht.

Bestimmt wird sich die Landschaft im Sommer noch verändern, aber heute, im Frühjahr, ist alles saftig grün. Es gibt keine Städte, nur Flecken von Häusern, die sich die Hauptstraße und einige Nebenstraßen entlang ziehen. Landwirtschaft und Bau sind hier die wichtigsten Wirtschaftszweige. Egal wo ich hinsehe, scheint mir der Blick atemberaubend schön und beruhigend. „Rolling hills“ sagt man im Englischen zu so einer geschwungenen Hügellandschaft, einer Gegend, in der sich Hügel um Hügel aneinanderreiht, so weit man blicken kann. Ich lebe hier also inmitten von „rolling hills“, die so gar nichts mit der Platten Börde um Magdeburg zu tun haben. Die Landschaft leuchtet in allen Grüntönen, die es gibt; hellgrüne saftige Wiesen, dunklere Töne von allen möglichen Sträuchern, Pinien, Kiefern, Orangenbäumen, Gummibäumen und Zypressen, graugrüne, mannshohe, wuchernde Kakteen, silbrig schimmernde Olivenbäume, und jetzt, im Frühling, überall leuchtende Farbflecken von rotem Klatschmohn, lila Disteln und Meeren von gelben und weißen Blüten. Und über diese Gegend wacht, fast von überall sichtbar, auf einem kleinen Bergrücken Krak des Chevaliers oder Qala’at al-Husn, wie sie die Syrer nennen, die alte, imposante Kreuzritterburg.

Wadi al-NadaraWie schon gesagt ist das Wetter sehr gemäßigt. Momentan ist der Himmel klar, die Sonne scheint hell, und wir haben etwa 15° – 20°. Im Winter hat es wohl sogar fünf Mal geschneit – der Schnee bleibt dann nicht liegen, aber im Gedächtnis der Einheimischen bleibt er offensichtlich haften. Ich habe in meinem Zimmer Gott sei Dank eine Zentralheizung und meistens warmes Wasser. Da aber die Bauweise hier recht zugig und die Heizung schwer zu regulieren ist, waren die letzten Nächte nicht sehr bequem – ich bin froh, nicht im Winter gekommen zu sein! Charakteristisch ist auch ein stetiger Wind, der von Meer durch den Wadi in eine weite Ebene bei Homs weht. Auf dieser Ebene wachsen die Bäume fast waagrecht, und das Leben dort ist bestimmt nicht angenehm. Hier bei uns weht er, dank der wunderbaren Hügel, nicht so ungebremst und im Sommer soll er sehr wohltuend sein. Auf den Sommer freue ich mich, ein bisschen Schwitzen täte mir gerade gut – auch wenn mir von allen versichert wird, dass ich genau zur richtigen Zeit gekommen bin, weil nichts so zauberhaft ist, wie al-Nadara im Frühjahr.

Die Krawattengeschichte

Anna, Bärbel, LianeGerade habe ich die Kommentare der letzten Wochen beantwortet – tut mir leid, dass das so lang gedauert hat. Außerdem habe ich noch ein Missverständnis für euch.

Ich bin nicht sicher, ob ich die Sache mit der Krawatte noch ganz original erzähle, oder ob sie nicht ein wenig ausgeschmückt wurde. Es ist die erste Geschichte, die ich nicht selbst erlebt habe. Aber sie eignet sich auf jeden Fall hervorragend, um das typische Missverständnis zwischen Deutschen und Syrern zu illustrieren:

Einer meiner Dozenten war auf einer der ersten Dienstreisen ganz begeistert von der überwältigenden Gastfreundschaft der Syrer. Er unterhielt sich gut und alle waren enorm freundlich. Als er einen syrischen Kollegen begrüßte, machte ihm mein Dozent dem guten Ton entsprechend ein Kompliment: „Ihre Krawatte ist aber sehr schön, steht Ihnen ausgezeichnet!“ Der Syrer bedankte sich überschwänglich, zog breit lächelnd seine Krawatte aus – und schenkte sie meinem Dozenten. Der war etwas verwirrt, lehnte zögerlich ab, aber der Syrer drückte ihm die Krawatte in die Hand. Also nahm er sie – er wollte ja auch niemanden beleidigen! -, bedankte sich ganz besonders herzlich und war hingerissen, von der großzügigen arabischen Freundlichkeit.

Der Syrer muss wirklich dumm aus der Wäsche geschaut haben – wie er so plötzlich ohne seine Krawatte da stand.

Mir ist auch schon ein Paar Schuhe angeboten worden. Habe widerstanden! ;)

Bilder aus Aleppo

Liane, Anna, armenischer LadenDa ich momentan wenig Zeit zum Schreiben habe und Fotos schon so lang versprochen waren, geht es heute kurz und schmerzlos:

Unter http://picasaweb.google.de/AnnasAlben gibt es ab sofort Syrienbilder. Heute habe ich Fotos aus Aleppo online gestellt. Bunt gemischt von drei Ausflügen in diese schönste aller Städte, aber thematisch halbwegs geordnet.

Viel Spaß beim Blättern! :)

Du Arme!

Manal, Anna, HebaEs tut mir sehr leid, dass ich so lange nichts mehr von mir habe hören lassen. Es ist viel zu tun, langweilig war mir in den letzten zwei Monaten vermutlich keine Sekunde, die Arbeit ist spannend und nicht immer einfach – nichts Neues also. :)

Mittlerweile verliere ich manchmal die Geduld mit den Syrern und den Umständen an der Uni. Aber mir wächst ein dickes Fell und ich bin stolz auf manche Probleme, die ich umschifft bzw. Hürden, die ich genommen habe. Ich hoffe, ich schlage mich ganz gut! ;)

Eigentlich wollte ich euch heute meinen Morgenspaziergang beschreiben, mein Ritual, mit dem der Tag beginnt. Aber da ich gleich zum Falafel-Essen bei meiner syrischen Adoptivschwester eingeladen bin, muss ich mich beeilen und euch vertrösten. Viel interessanter ist sowieso die folgende Geschichte:

Die Sache mit den Missverständnissen Vol. 2

Eine deutsche Kollegin war eine Woche lang als Gastdozentin an der Uni. Kurz nach ihrer Ankunft machte sie sich mit einer syrischen Mitarbeiterin bekannt. Sie unterhielten sich gut und wie es in Syrien (nicht nur) unter Frauen üblich ist, kamen sie schnell auf die wichtigsten Fragen: „Bist du verlobt oder verheiratet? Falls Letzteres der Fall ist – habt ihr Kinder? Und ist es Liebe?“ Meine Kollegin ist seit mehreren Jahren glücklich vergeben, an einen Mann, mit dem sie aber nicht verheiratet ist – weil die beiden, wie es in Deutschland öfter vorkommt, nicht heiraten wollten. Sie sei verlobt, antwortete sie also, und das seit sieben Jahren. Und ja: aus Liebe.

Die Reaktion der Syrerin kam prompt: in Form einer spontanen Umarmung – mit der sie ihr Mitleid bekunden wollte! Eine Frau, die seit Jahren in einen Mann verliebt ist, der sie offensichtlich nicht ehren will, der sich mit ihr vergnügt, bis er eine Frau findet, die er ehelichen möchte – ja, die kann einem wirklich leid tun!

Keine Sorge!

Sonnenuntergang im WadiNachdem mich mehrere Daheimgebliebene besorgt fragen, ob bei uns alles in Ordnung ist, möchte ich hier auch einmal schnell Entwarnung geben. An der Grenze zum Libanon ist alles ruhig, bei uns kommt von den dortigen Gefechten fast gar nichts an. Ich wohne zwar nah an der Grenze, stellt euch aber bitte den Nahen Osten nicht als großen brodelnden Topf vor – die Landesgrenzen sind hier nicht offen, im Gegensatz zum Libanon ist Syrien ein stabiles Land (Nächstes Wochenende sind Präsidentenwahlen und es gibt, meines Wissens nur einen Kandidaten, den sie jetzt schon ununterbrochen feiern! Zudem ist die soziale und staatliche Kontrolle enorm!) und es sind keine Unruhen zu befürchten.

Um wirklich sicher zu gehen, bin ich am Wochenende bei der deutschen Botschaft gewesen, habe mich vorgestellt, ausführlich mit den Leuten gesprochen und mich in die sogenannte Deutschenliste eingetragen, sodass ich kontaktiert werde, sollte die Botschaft den Aufenthalt in Syrien als kritisch einstufen. Diesen Fall hält hier jeder für sehr unwahrscheinlich, aber vielleicht beruhigt es ja. „Involviert“ bin ich in die Kämpfe nur in sofern, als ich an der Sorge meiner Kolleginnen Anteil nehme, die Verwandte im Libanon haben – das ist ein wenig bedrückend, aber immerhin nicht gefährlich. ;)

Also: keine Sorge! Mir geht es gut.

Und ein kleines PS: Wenn ich von „Stabilität“ spreche, ist das natürlich kein Pro-Regime-Statement! Ich sollte, will und werde hier allerdings nicht politisch werden.

Heute war Syrien: ein Fest!

Syrien ist: 

Tanz, Tanz, Tanz und wunderbare Menschen!

Bist du aber alt!

ManalIch darf hiermit feierlich eine neue Sektion eröffnen! Missverständnisse, skurrile Situationen, Kuriositäten Vol.1:

Vor ein paar Tagen lernte ich einen Mitarbeiter der Universität kennen. Wir plauderten ein wenig in gebrochenem Englisch und machten uns miteinander bekannt. Irgendwann fragt M. mich, wie alt ich denn sei. Auf meine „twenty-three“ antwortet er prompt mit freundlichem Lächeln: „old, old!“, was für mich in etwa nach: „Mensch, bist du aber eine alte Schachtel!“ klingt. Etwas ungläubig frage ich ihn also scherzhaft, ob er mich denn beleidigen wolle. Er macht ein – sehr – bestürztes Gesicht und wendet sich Hilfe suchend an eine syrische Kollegin, die bei uns sitzt. Gott sei Dank kann sie lachen aufklären:

Auf die Frage nach dem Alter gibt es im arabischen eine traditionelle Erwiderung, die in etwa „Du mögest noch viele Jahre alt werden!“ lautet. Mein Gegenüber hatte diese also nur wörtlich ins Englische übersetzt – so schnell wird also aus einer höflichen Floskel eine Beleidigung, und ich will gar nicht wissen, wieviele Fettnäpfchen ich in den letzten drei Wochen schon unwissentlich mitgenommen habe!

Homs – Teil 1: Der Suq

Baschar Assad an einer homsianer HauswandHoms (oder Hims, je nachdem, wie das Arabische gerade übersetzt wird) ist der nächstgelegene größere Ort. Er ist die drittgrößte Stadt Syriens, verfügt über eine wichtige Ölraffinerie und über eine große Universität, die angeblich sehr gut sein soll. Als „Ostfriesland Syriens“ hat das arme Homs selbst allerdings keinen besonders guten Ruf.

Ich habe mir sagen lassen, dass die Stadt in Syrien für zwei Dinge bekannt sei: Für die Schönheit ihrer Frauen und für die Dummheit ihrer Männer. Fragt man die Bewohner des (christlichen) Umlandes, finden sich noch drei weitere berühmte Eigenschaften der Stadt: Sie sei die Heimat des Stadtheiligen Elian, einem christlichen Märtyrer – für den sich außerhalb Homs’ kaum jemand interessiert. Außerdem beherberge sie eine besondere Reliquie: den Gürtel Marias – einen Hanfstrick, der möglicherweise einer Barbiepuppe passt (das ist sehr respektlos und ich meine es nicht ganz ernst! ;)). Und zuletzt sei Homs berühmt für eine Süßigkeit, auf die ich sehr gespannt war – die „Halawi al-Djabn“, die ich probiert habe, waren aber leider nicht sonderlich lecker. In einem ist sich jedenfalls jeder mehr oder minder einig: Sonderlich schön sei Homs nicht.

Ich habe mich trotzdem gefreut, auf homsianische Entdeckungstour gehen zu können, nachdem ich bisher noch keine Gelegenheit hatte, eine syrische Stadt richtig zu besichtigen. Und ich darf jetzt, nachdem ich wieder zufrieden zu Hause sitze und den schönen Tag Revue passieren lasse, sagen: zu Recht! :)

Zwei deutsche Akademiker, die für eine Woche an der Uni waren, hatten mich gefragt, ob ich sie nach Homs begleiten möchte. Darauf hatte ich natürlich große Lust, und so ließen wir uns am Samstag morgen von einem der hiesigen Taxibusfahrer (die hier jeder mit Namen kennt) in die Stadt fahren.

Die Fahrt dauert eine gute Stunde – hin und zurück zahlen wir zu dritt 1200 Lira, also 18 Euro – und die Wohnviertel, die wir in Homs durchqueren, sind tatsächlich nicht gerade sehenswert, sondern gewohnt grau und fantasielos, teils baufällig und dreckig. Dann kommen wir in die Innenstadt. Wir passieren viele Wahlkampfplakate der vergangenen Parlamentswahlen, zahllose Bilder des Präsidenten, die bevorzugt an Schulen, Behörden und anderen militärisch bewachten Gebäuden in sozialistischem Baustil hängen, und lassen uns schließlich am „Uhrenplatz“ absetzen: Die Städte und Dörfer hier in Syrien haben meistens einen zentralen Platz, auf dem ein Turm mit einer Uhr steht.

Von hier aus machen wir kurz einen Abstecher in die modernere Shoppingzeile der Stadt. Das ist nicht sehr spannend und auch nicht allzu schön. Marode Straßen, viel Staub, Autos und wenig Flair. Wir staunen über ein paar Markenläden, die hier langsam Fuß fassen, und kaufen einem kleinen Jungen ein Feuerzeug ab – dann machen wir kehrt, um uns lieber dem älteren Teil der Stadt zu zu wenden.

Bevor wir in den Suq, den alten Basar der Stadt, eintauchen, möchten wir noch einen Kaffee trinken. Laut Reiseführer soll es direkt am Uhrenplatz ein Teehaus geben, in dem auch Frauen problemlos sitzen können. Es ist auch wirklich leicht zu finden – aber am Ende trauen wir uns doch nicht hinein. Traditionell sind die Teehäuser nichts für Frauen, auch wenn diese Sitte langsam aufweicht und für Europäerinnen ohnehin nicht dieselben Maßstäbe gelten. Im Teehaus sitzen etwa fünfzig Männer und keine einzige Frau. Manche tragen Beduinenkleidung, andere Anzüge. Sie spielen Backgammon, trinken Kaffee und rauchen Narghile, die in Deutschland als Wasserpfeife bekannt ist. Es sieht interessant aus und gefällt mir besser als diese modernen Cafes, die westlich sein wollen und es doch nicht ganz schaffen. Aber es wirkt nicht eben einladend und uns begegnen nur ausdruckslose oder abweisende Gesichter. Da wir, als offensichtliche Ausländer, ohnehin schon die Blicke auf uns ziehen, entscheiden wir uns lieber für ein moderneres Cafe mit weniger Flair. Ich sollte mir vielleicht etwas mehr Kaltschnäuzigkeit zulegen.

Konditorei in HomsMit einem kleinen Snack und sehr leckerem, frisch gepresstem Fruchtsaft gestärkt, brechen wir in Richtung Suq auf. Wir kommen an einer Konditorei vorbei, in der es syrische Süßigkeiten gibt und drücken uns wie kleine Kinder die Nasen am Schaufenster platt. Sieht das alles lecker aus! Und der Laden wirkt, als wäre er selbst aus rosa-sahnefarbenem Zuckerwerk gemacht. Aber wir verzichten – noch! Auf dem Rückweg werden wir hier noch einmal halten und dem netten jungen Verkäufer die halbe Auslage abkaufen. :)

Eingang zum Suq in HomsDer Suq ist wunderbar. Für einen Syrer mag er nichts Besonderes sein, aber ich finde ihn herrlich. Anders als bei meinem letzten „Orientaufenthalt“ ist das Angebot hier absolut nicht auf Touristen zugeschnitten. Und die Verkäufer sind erstaunlich zurückhaltend: Keiner zieht mich in seinen Laden, niemand ruft mir penetrante Aufforderungen nach. Stattdessen sollen freundliche Gesichter und einladende Gesten zum Kauf animieren. Ich kann einfach eintauchen und zusehen.

Renovierte Decke im Suq von HomsWir schlendern also recht planlos durch die engen Gassen und lassen das Leben auf uns wirken. Zum Schutz vor Hitze und Regen ist der alte Suq wie in den meisten Städten überdacht. Hier in Homs wurde das Dach zum Großteil erneuert und auch einige Gebäude wurden restauriert – zum Glück auf eine unaufdringliche, geschmackvolle Art. Über uns spannen sich also Stahlkonstruktionen, die nicht allzu modern aussehen, oder steinerne Tunnelgewölbe. Die Lampen, die von den Decken hängen, sind ebenfalls den traditionellen nachempfunden. Es herrscht überall gedämpftes Licht. Die Gassen sind etwa drei Meter breit, und es reihen sich hundert Läden aneinander. Meistens sind es schmale Schläuche oder kleine, zur Straße hin offene Räume, in denen wenig Platz, aber eine große Vielfalt an Waren zu finden ist. Wohnhäuser gibt es keine, dieses Viertel ist Handel und Handwerk vorbehalten. Jetzt, am Samstag Mittag, sind viele Leute unterwegs. Die Straßen des Suq sind lebhaft, aber nicht unangenehm voll.

Deckchen und Spitzen im Suq in HomsZuerst führt uns unser Weg durch das Viertel der Tuchhändler und Kleidungsverkäufer. Es gibt Auslagen mit funkelnden, edlen Stoffballen, Läden, die nur hässliche schrille Farben oder ausschließlich Schwarz und Grautöne anbieten, und solche, die auf karierte Anzugstoffe spezialisiert sind. Das Angebot an Kleidung ist bunt gemischt: Stände mit Unterwäsche wechseln sich mit Läden ab, in denen hochgeschlossene schwarze Damenmäntel oder glitzernde Abendkleider verkauft werden. Die meisten Verkäufer bieten normale Alltagskleidung an, und obwohl alle Gassen sehr gut besucht sind, herrscht bei ihnen der größte Trubel: Familien mit vielen Kindern, schwatzende Frauen, pfiffige Jungs und kichernde Mädchen lassen sich das Angebot zeigen. Es wird viel gefeilscht, überlegt, getratscht – und ab und zu auch gekauft. Das alles geht zwar lebhaft, aber doch etwas ruhiger zu, als ich erwartet hatte.

Apotheker im Suq in HomsWir passieren Viertel mit glitzerndem Goldschmuck und Parfümerien mit bunten Flakons. Irgendwo möchten meine Begleiter ein Backgammonspiel kaufen. Wir bestaunen die vielen bunten Einzelstücke: Die Intarsien sind aus verschiedenen Hölzern gefertigt, und das, was nach Perlmutt oder Elfenbein aussieht, dürfte eher Plastik sein, wenn ich den Preis richtig deute. Aber sie sind hübsch gemacht und als Souvenir genau richtig. Der Verkäufer bietet uns Kaffee an, der mit Gewürzen versetzt hervorragend schmeckt und dabei so stark ist, dass mein Herz zu flattern beginnt. Wir erzählen ihm, woher wir kommen, und natürlich hat er (wie die meisten Verkäufer ;)) einen Verwandten, der in Deutschland lebt. Er zeigt uns ein Foto, schenkt uns noch einmal nach, und wir verhandeln weiter über den Preis. Wir feilschen viel zu wenig, sind aber mit dem Ergebnis recht zufrieden, knipsen noch ein Foto mit dem erfreuten Ladenbesitzer und ziehen dann, ein Backgammonspiel und eine Packung Kleiderbügel reicher, weiter.

In der Handwerkerecke sehen wir eine Weile staunend den Messerschleifern zu. Die Funken fliegen um die Schleifsteine und leuchten im Dämmerlicht des Suq. Ein paar Schritte weiter hämmern Männer auf Metallhandwerk und arbeiten an kunstvollen Tabletts oder einfachen Kesseln. Um die Ecke klopfen Schuhmacher auf ihr Leder und ich komme mir vor, als hätte mich jemand ein paar hundert Jahre in der Zeit zurück versetzt.

Gasse des alten Christenviertels in HomsUnd so geht es weiter. Irgendwann folgen wir einer Gasse hinaus aus dem Suq in eine alte Wohngegend. Es könnte das alte Christenviertel sein, aber nachdem wir uns durch den Markt hatten treiben lassen, sind wir da nicht so sicher. Wir wollen uns zwei schon erwähnte Sehenswürdigkeiten der Stadt ansehen, St. Elian und Kanisa Umm az-Zunnar, die beiden orthodoxen Kirchen. Beide sollten ganz in der Nähe sein – jetzt müssen wir sie nur noch finden!

Aber da ich meinen geneigten Leser nicht übersättigen will, erzähle ich von meiner nächsten homsianer Episode – von Kirchen, Moscheen und interessanten Gespräche mit einheimischen Studenten und Priestern – ein andermal weiter. :)

Für diesen zweiten Teil habe ich dann auch ein paar schönere Bilder (danke an Liane!). Die Fotos im Zwielicht des Suq sind leider allesamt nichts geworden. Ihr dürft euch aber auf den Bericht über den Suq von Aleppo freuen, denn von dem konnte ich bessere, farbenfrohe Bilder machen.

Heute ist Syrien: still und schön

Syrien ist: 

Sanfte Morgensonne, Dunst über den grünen Hügeln, Vogelgezwitscher, süße Orangen zum Frühstück, heißer, bitterer Kaffee aus Moccatässchen – und Kleenex.

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